Bild, das eine Zeichnung von Karabalgasun zeigt
Die Darstellung von Karabalgasun in Wilhelm Radloffs “Atlas der Alterthümer” © / DAI

Wer erforschte Karabalgasun?

Die Erforschung von Karabalgasun, der alten uighurischen Hauptstadt, begann bereits in den frühen Jahren des 19. Jahrhunderts und hat seither stetig an Bedeutung gewonnen. Archäologinnen und Archäologen haben vor allem in den letzten 20 Jahren intensiv an der Entschlüsselung der Stadt gearbeitet und zahlreiche neue Erkenntnisse zu Architektur und Funktion der Stadt erzielt.

Erste Foschungen Anfang des 19. Jahrhunderts

Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts beschäftigten sich erste Forschende der Neuzeit mit dem Fundplatz Karabalgasun, auch wenn zu dieser Zeit noch nicht eindeutig geklärt war, ob es sich bei dieser Stadtruine um Karabalgasun oder Karakorum handelt. Forschungsexpeditionen nach China und in die Mongolei und damit auch ins mongolische Orchontal setzten vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein und hatten in der Regel universalwissenschaftlichen Charakter. So beschreibt der Russe Paderin 1873 erstmalig den hoch umwallten und bis heute sichtbaren Bereich der Stadtanlage von Karabalgasun. Die erste Expedition mit eindeutig archäologischer Fragestellung unternahm eine Forschergruppe unter Leitung von N. M. Jadrincev im Jahr 1889 in das Orchontal. Wie auch bei der Reise des finnischen Ethnologen Axel Heikel stand dabei die Auseinandersetzung mit den noch erhaltenen Inschriftensteinen der Dreispracheninschrift, die in chinesischer, sogdischer und türkischer Runenschrift von bedeutenden Ereignissen berichtet, im Vordergrund.

Expedition unter Wilhelm Radloff

Als wichtigste Untersuchung dieser Zeit muss darüberhinausgehend die Anfertigung eines Stadtplanes sowie eine detaillierte Beschreibung der Stadtanlage angesehen werden, die im Rahmen einer Expedition unter Leitung des Turkologen Wilhelm Radloff 1891 angefertigt und 1892 im “Atlas der Alterthümer” publiziert wurde.  Die interdisziplinär angelegte Expedition verweilte 12 Tage auf dem Gelände von Karabalgasun und identifizierte Teile des Areals eindeutig als Überreste der alten uighurischen Stadt, während der heute als Tempel- oder Palaststadt bezeichnete Bezirk der damaligen Einschätzung nach als mongolenzeitlich angesehen werden musste. Insgesamt beschränkte sich auch diese Expedition auf beschreibende Untersuchungen und unternahm keine weiterreichenden archäologischen Untersuchungen. Der damals erstellte Plan der Stadt ist jedoch überaus detailreich und in wesentlichen Punkten korrekt und mit guter Beobachtungsgabe gezeichnet worden.

Erste archäologische Untersuchungen

Archäologische Untersuchungen setzten erst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein und wurden vor allem durch russische Archäologen vorangetrieben. Bislang nahezu unbekannt und erst 2012 publiziert, sind die Ergebnisse der Ausgrabung des russischen Archäologen Maskov, der als Teilnehmer der polnischen Expedition des Sinologen Kotvic 1912 innerhalb von drei Wochen eine Reihe von Grabungsschnitten in Karabalgasun anlegte. Auch weitere Archäologen, wie Bukinic und Kiselev weilten in den 30er und 40er Jahren im Orchontal. Während Bukinic kleinere und bislang unveröffentlichte Untersuchungen in Karabalgasun durchführte, legte der russische Archäologe Kiselev neben seinen umfangreichen Grabungen in Karakorum auch einige Testschnitte in Karabalgasun an, die sich vor allem in dem Bereich der Tempel- und Palaststadt befanden, jedoch nur sehr ausschnitthaft publiziert wurden.

Die mongolisch-deutsche Orchonexpedition

Auf Grundlage dieser Voruntersuchungen werden die archäologischen Arbeiten seit 2007 in einem Langfristprojekt von Mongolischer Akademie der Wissenschaften, Nationaluniversität Ulaanbaatar und Deutschem Archäologischen Institut als Mongolisch-Deutsche Orchon-Expedition (MONDOrEX) fortgeführt. Ziel des Projektes ist es, weiterreichende Fragen zu Aufbau und Gliederung der beiden nomadischen Stadtanlagen Karabalgasun und Karakorum zu beantworten, sowie Erkenntnisse zu ihrer Versorgung, verwendeten Bautechniken und die Einbindung in das geographische Umfeld des Orchontales zu gewinnen. Da bislang kaum archäologische Untersuchungen zur Frühzeit der Uighuren vorliegen, gibt es nur wenige vergleichbare Forschungsprojekte. Ein im Jahr 2007 erstellter Airborne-Laserscanplan, der in den Jahren 2018/2019 ergänzt wurde, bildet bis heute die Basis der Forschungen der Mongolisch-Deutschen Orchon-Expedition.  Während bereits der von Wilhelm Radloff erstellte Plan große Teile der Stadtanlage erfasste, zeigt doch der Laserscanplan die Größe, Anordnung und Gliederung der Stadt in ganz neuem Ausmaß.

Der in den Jahren 2018/19 erweiterte Stadtplan

Erweiterter Laserscanplan von Karabalgasun