Bild, das eine Mauer und ein Vermessungsgerät zeigt
Vermessungen im Bereich der Torgrabung Erdene Zuu © H.Wittersheim / DAI

Karakorum

Im Jahr 2020 jährte sich die Gründung der Stadt Karakorum durch Dschingis Khan als Hauptstadt des Mongolenreiches zum 800sten Mal. Bis heute ist dies eine der wichtigsten Begebenheiten in der Geschichte des mongolischen Staates und Karakorums als erste Hauptstadt des mongolischen Weltreiches.

Panorama von Karakorum

Wichtigstes Zentrum der alten Welt

Die Wichtigkeit des Ereignisses reicht jedoch weit über die Grenzen der Mongolei hinaus. Dschingis Khan und seine Nachfolger unterwarfen im Verlauf des 13. Jahrhunderts eine enorme Zahl von Staaten, Völkern und Herrschern und formten das größte zusammenhängende Herrschaftsgebiet der Menschheitsgeschichte. So wurde Karakorum für einige Jahrzehnte eines der wichtigen Zentren der alten Welt. Gesandte und Fürsten aus den unterworfenen und benachbarten Gebieten des Mongolenreiches kamen hier zusammen, um dem Großkhan ihre Aufwartung zu machen, Tribute zu entrichten und Belohnungen zu empfangen. Handwerker, Gelehrte, Beamte, Soldaten und Händler kamen in die Stadt, um für den Hof zu arbeiten oder im Gefolge der mächtigen Herrscher ihr Glück zu suchen. Und so versammelten sich Menschen aus allen Weltgegenden zwischen Russland und China, zwischen Frankreich und Korea in der Stadt.

Bild, das einen Plan zeigt
Höhenschichtenplan Karakorum © H. Rohland / DAI / HTW Karlsruhe

Kloster Erdene Zuu

Karakorum wurde zu einem Ort, an dem Religionen und Weltanschauungen aufeinander trafen und Wissen und Waren ausgetauscht wurden. Die Stadt Karakorum ist ein Ort mit wechselvoller Geschichte. In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts war sie die Hauptstadt des aufstrebenden Mongolenreiches und wurde zu einem Ort, an dem Weltgeschichte stattfand. Später wurde sie zerstört und erstand mit dem Kloster Erdene Zuu erneut als spirituelles Zentrum der Mongolei.

Bild Klosteranlage
Klosteranlage Erdene Zuu © C. Franken / DAI

Deutsch-mongolische Ausgrabungen

Diese Geschichte weckte das Interesse von Forschern aus aller Welt, wie die mehr als 100-Jährige Forschungsgeschichte Karakorums zeigt. Im Jahr 2000 fanden schließlich die ersten gemeinsamen mongolisch-deutschen Ausgrabungen statt. Seitdem werden die Forschungen, Publikationen, Kulturerhaltsprojekte rund um die mittelalterliche Stadt Karakorum kontinuierlich fortgesetzt und auch immer wieder in Ausstellungen präsentiert.

Durch die deutsch-mongolische Zusammenarbeit konnten schon viele Fragen erforscht werden. Ein Team um Ulambayar Erdenebat und Helmut R. Roth von der Universität Bonn widmete sich der Erforschung des Stadtzentrums. Ein zweites Team um Dovdoin Bayar und Hans-Georg Hüttel begann mit der Erforschung des vermeintlichen Palastes im Südwesten der Stadtruine, der sogenannten Große Halle. Um den Standort des ehemaligen Palastes zu klären wurde nicht nur hier, sondern auch an den Mauern und Toren von Erdene Zuu gegraben, was schließlich zur Lösung des Rätsels führte.

Funde aus den Ausgrabungen in Karakorum

Ausbildung und Wissenstransfer

Zugleich begann ein Team von Mitarbeitern und Studierenden der Hochschule für Technik und Wirtschaft Karlsruhe um Andreas Rieger mit der genauen Vermessung der Stadtanlage. Aus fast 80.000 Messpunkten erstellten sie ein dreidimensionales, digitales Geländemodell der Stadt, das kleinste Höhenunterschiede des Geländes sichtbar macht. Auf diese Weise konnte ein Stadtplan erstellt werden, auf dem das Straßennetz und die Standorte einzelner Gebäude sichtbar sind.

Erforschung geht weiter

Nachdem an der Großen Halle und den Wällen von Erdene Zuu wichtige Fragen geklärt worden waren und neue aufkamen, wurden weitere Grabungsschnitte in Angriff genommen: In der Nordstadt sollte das Leben am Rande der Stadt erforscht werden. Hier wurden die Quartiere weit gereister Fremder vermutet. Tatsächlich gelang hier eine kleine Sensation: Mit großer Wahrscheinlichkeit entdeckte das Team hier die Reste eine Nestorianischen Kirche, die schon der Franziskanermönch [Wilhelm von Rubruk] in seinem Reisebericht aus dem 13. Jahrhundert erwähnt hatte.